Clownerie im Altenheim - Ethische Richtlinien

Was wir unter Clownerie verstehen:

Clownspiel ist Körperspiel mit allen Sinnen und allen Emotionen.
Im Clownspiel kommt alles Menschliche zum Ausdruck, die Höhen und die Tiefen und die Abgründe; die Sehnsüchte, die Hoffnungen, die großen Freuden und der Jammer. Gerade in ihrer schrägen Kleidung und mit der roten Nase sind Clownin und Clown ungeschminkt und ohne Maske, sie haben nichts zu verbergen, sie zeigen alles.

Clowns und Clowninnen leben im Augenblick, mit einer Aufmerksamkeit für alles Kleine und scheinbar Unbedeutende. Sie lieben das Leben und die anderen, versprühen ihre Lebensfreude, sind unendlich neugierig, können staunen und sich wundern. Sie vertrauen darauf, dass sich alles wandeln kann und spielen mit den unendlichen Möglichkeiten, die das Leben immer offen hält. Ihre Vertrauen und ihre Offenheit lässt Clowninnen und Clowns immer wieder über geltende Ordnungen und Regeln stolpern und diese spielerisch verschieben. So vermögen sie, für sich und andere Freiräume zu erschließen.

Für die Besuche im Altenheim durch Clowninnen und Clowns bedeutet das:

  1. Grundlage ist ein Clownstraining, das aus der Entwicklung einer eigenen Clownsfigur, der Erarbeitung von Routinen, der Sammlung von Requisiten ("Clownskoffer") und den Fähigkeiten zur freien Improvisation besteht.

  2. Die Besuche werden zu zweit gemacht.

  3. Vorbereitet wird jeder Besuch mit Aufwärmübungen und dem Proben von Liedern und Routinen.

  4. Die Rolle von Clowninnen und Clowns im Altenheim ist einzigartig, auffällig durch die unpassende Kleidung und die rote Nase; sie ersetzen keine der anderen Rollen im Altenheim (wie Pflegekräfte, ärztliches Personal etc.)

  5. Kontakt ist bei jedem Besuch die Grundlage: guter Kontakt zu sich selbst und den eigenen Gefühlen; ein guter Kontakt zur Spielpartnerin/ zum Spielpartner; guter Kontakt zu den Menschen, die besucht werden. Nur so kann das Spiel spontan und authentisch werden.

  6. Die Menschen, die besucht werden, bestimmen selbst, wie viel Nähe und Spiel sie haben möchten. Ihren Willen müssen Clowninnen und Clowns in jedem Fall respektieren.

  7. Clowninnnen und Clowns eröffnen eine "Spielwiese", auf der Raum und Zeit verschoben werden können und die Phantasie wie Wandlungsfähigkeit aller "Mitspielenden" aktiviert wird.

  8. Ihre Rolle verschafft Clowninnen und Clowns eine innere Freiheit im Umgang mit sich selbst und mit den anderen, was auch äußere Freiräume eröffnen kann.

  9. Clownerie im Altenheim ist Unterhaltung in dem Sinn, dass die Lebensfreude und die Selbstheilungskräfte der Menschen aktiviert werden.

  10. Es werden keine Gags aufgeführt. Weder bedarf es übertriebener Fröhlichkeit noch völliger empathischer Einfühlung. Alles geschieht aus der clownesken Haltung heraus und ist getragen von eigener großer Lebensfreude und Zuneigung zu den Menschen.

  11. Es werden keine Späße auf Kosten der anderen gemacht, es wird niemand "vorgeführt".

  12. Clowninnen und Clowns dürfen auch frech sein, wenn sie dabei die anderen ernst nehmen und nicht verletzen.

  13. Clowninnen und Clowns dürfen helfen, sie müssen aber nicht versorgen.

  14. Clowninnen und Clowns dürfen etwas zeigen, vorführen, zu etwas einladen, aber nicht belehren.

  15. Die Grenzen zwischen ausgelassenem und angemessenem Spiel müssen jedes Mal wieder neu und sensibel gezogen werden.

 

 

Dr. Gisela Matthiae